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Hohe Strafen und Bußgelder
Risiko auch für einfache Konsumenten

Das CanG definiert lediglich Ausnahmen vom allgemeinen Cannabisverbot. Für viele normale Handlungen im Umgang mit Cannabis bestehen weiterhin hohe Strafen und Bußgelder. Wer z.B. einen Joint mit Freunden teilt, begeht eine Straftat nach dem CanG, die mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet wird. Das gleiche Strafmaß gilt auch in dem Fall, dass ein Erwachsener einem ebenfalls erwachsenen Freund etwas Cannabis schenkt. Normale Handlungen unter Hanffreunden, für die bei den meisten Menschen kein Unrechtsbewusstsein vorhanden ist. Auch minimale Überschreitungen bei gesetzlich erlaubten Handlungen, wie der Anbau einer vierten Pflanze oder Besitz von mehr als 60 g am Wohnort werden strafrechtlich geahndet.

Neben strafrechtlichen Verboten existieren zudem viele Ordnungswidrigkeiten mit hohem Bußgeldrahmen. Im Freistaat Bayern(1)Bußgeldkatalog „Konsumcannabis kostet z.B. der Konsum von Cannabis in Sichtweite einer Schule (egal zu welcher Tageszeit)  500 € im Regelsatz. Für den Konsum in unmittelbarer Nähe von Minderjährigen werden sogar 1000 € veranschlagt. Wer hingegen mit Tempo 80 innerorts an einer Schule vorbei fährt, wird nur mit 180 € belangt.

Ein Mann schenkt einer Frau Wein ein.

Man stelle sich vor, für das Rauchen einer Zigarette an einer falschen Stelle in der Öffentlichkeit soll man 500 € Bußgeld zahlen. Für das Anbieten eines Glases Wein auf einer Feier könnte man ins Gefängnis gehen. Cannabiskonsumenten werden trotz “Entkriminalisierung” rechtlich noch immer gänzlich anders behandelt als Tabak- oder Alkoholkonsumenten.

Hinzu kommt, dass viele Aspekte des KCanG bisher nur unzureichend rechtlich geklärt sind und seitens der Polizei und Staatsanwaltschaften immer wieder versucht wird, diese offenen Fragen möglichst restriktiv auszulegen. Das Paradebeispiel ist die Definition eines unregulierten Stecklings in Abgrenzung zu streng limitierten Cannabispflanzen. Stecklinge gelten per Gesetz nicht als Cannabis. Sie können im Einzelhandel erworben oder bei Anbauvereinigungen (max 5 Stück) bezogen werden. Der Anbau von Cannabis hingegen ist auf drei Pflanzen beschränkt. Zur genauen Abgrenzung des Stecklings zur Cannabispflanze exististiert seit Inkrafttreten des Gesetzes einige Unklarheit. Wiederholt wurden Stecklinge sowohl in Geschäften als auch bei Privatpersonen durch die Polizei beschlagnahmt und diesen der Anbau von mehr als drei Cannabispflanzen vorgeworfen. Es laufen einige Gerichtsverfahren aktuell zur Klärung des Stecklingbegriffes.

Ähnliche Auseinandersetzungen sind um die Definition des Begriffs des “Dritten” im Zusammenhang mit dem KCanG zu erwarten. Denn im Gesetz ist der Schutz des persönlich besessenen Cannabis vor dem Zugriff durch Dritte vorgeschrieben.  Was und Wer darunter genau zu verstehen ist, bleibt allerdings unklar. Ist die eigene Ehefrau oder der erwachsene Mitbewohner des gemeinsamen Haushaltes ein Dritter?
Das aktuelle Gesetz bietet leider viele Einfallstore, über die konservative Vertreter der Exekutive immer wieder versuchen, unbescholtene Bürger zu belangen, sei es durch Bußgelder oder gar durch Strafandrohungen.

Bis zur Entkriminalisierung 2024:
Hoher Aufwand bei der Polizei
für die Verfolgung einfacher Konsumenten

Im Jahr 2023 dem letzten Jahr vor der Entkriminalisierung wurden laut Polizeilicher Kriminalstatistik (PKS) 215.865 Strafverfahren wegen Cannabis eröffnet. Mehr als 80 % davon, also über 173.000 Strafverfahren, richteten sich gegen einfache Konsumenten.(2)Bundeskriminalamt – Polizeiliche Kriminalstatistik 2023

Die Polizei konzentrierte sich bei ihrer Arbeit auf die Verfolgung von Konsumenten. Nur bei weniger als 20 % der vielen Strafverfahren ging es um Handel sowie Einfuhr und Produktion von Cannabis in großen Mengen.

Aufteilung von 215.865 Strafverfahren wegen Cannabis (2023)
  • allgemeine Verstöße 80%
  • Handel/Schmuggel 20%
Bis 2020 nahm die Zahl der Strafverfahren im Zusammenhang mit Cannabis stetig zu. Der Ermittlungsdruck stieg speziell gegen Konsumenten, während die Zahl der Strafverfahren wegen Handel und Schmuggel auf ähnlichem Niveau verblieb.
In den Folgejahren gab einen leichten Rückgang, der wahrscheinlich auch mit Verlagerung des Lebens in private Bereiche aufgrund der Coronapandemie zu tun hatte.
Mit der erfolgten Entkriminalisierung von Cannabis am 01.04.2024 kam es zu einem massiven Rückgang der Strafverfahren bei den allgemeinen Verstößen (sog. konsumnahe Delikte wie Besitz).
Die Zuordnung der Straftaten in der PKS ist jedoch aufgrund der Umstellung der Statistik noch ungenau.
  • Insgesamt
  • Allgem. Verstöße
  • Handel/Schmuggel
Diskriminierung am Arbeitsplatz 
Pauschale Eignungszweifel

Trotz Entkriminalisierung existiert auch in der Arbeitswelt vielerorts noch eine diskriminierende Haltung gegenüber Cannabiskonsumenten. Pauschale Eignungszweifel spiegeln sich z.B. in einer Null-Toleranz-Haltung gegenüber Cannabisgebrauch in der Freizeit seitens des Arbeitgebers wider. So weist die Deutsche Bahn(3)Tipps für die Eignungsuntersuchung bei der DB in Bezug auf ihren Auswahlprozess darauf hin, dass auch hinsichtlich Cannabis keine Toleranz besteht und ein negativer Urintest für eine Einstellung notwendig ist. Dass ein Urintest auch nach Wochen noch positiv sein kann, darauf weist die Bahn sogar selbst hin. Offensichtlich geht es also nicht um eine tatsächliche Beeinträchtigung, sondern es werden grundsätzliche Zweifel an der Eignung von Konsumenten gehegt.

Auch die Bundeswehr verlangt als Arbeitgeber von Soldaten Abstinenz von Cannabis in der Freizeit. Der Konsum von Alkohol in der Freizeit wird jedoch zugestanden – in gewissem Maße sogar in der Kaserne nach Dienstschluss.

Der Deutsche Beamtenbund(4)Cannabis im Beamtenverhältnis? Ratgeber für Verbeamtete und alle die es werden wollen hingegen weist darauf hin, dass Cannabis süchtig machen kann und eine Abhängigkeitserkrankung der körperlichen Eignung entgegensteht. Ein regelmäßiger Konsum sei hingegen kein Ausschlusskriterium. Allerdings sei zu beachten, dass die Dienstfähigkeit nur nüchtern gegeben ist.
Ab welchem THC-Spiegel dies allerdings der Fall ist, darüber gibt es bisher keine verlässlichen Erkenntnisse. Darauf weist auch die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (5)Die Cannabislegalisierung und ihre Bedeutung für die Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit – Antworten auf häufige Fragen hin:

“Zusammenfassend lässt sich sagen, dass nach derzeitigem Wissensstand noch nicht eindeutig nachgewiesen ist, wie stark sich der gemessene THC-Gehalt im Körper auf die Arbeitsfähigkeit von Personen auswirkt. Demnach liegen gegenwärtig noch keine Grenzwerte oder Empfehlungen für einen zeitlichen Mindestabstand zwischen Konsum und Dienstbeginn vor, ab dem eine Beeinträchtigung der Arbeitsleistung gänzlich ausgeschlossen werden kann.”

Laut einer Expertenkommission des Verkehrsministeriums zeigen allerdings diverse Studien, dass spätestens fünf Stunden nach inhalativem Konsum von Cannabis keine verkehrsrelevanten Beeinträchtigungen mehr vorliegen(6)Empfehlungen der interdisziplinären Expertengruppe für die Festlegung eines THC-Grenzwertes im Straßenverkehr. Wenn Arbeitgeber den Konsum von Cannabis in der Freizeit und sogar im Urlaub komplett verbieten, ist das also eine eindeutige und nicht zu rechtfertigende Diskriminierung im Vergleich zu Akohol.

Lehrer vor Tafel.

Auch Verurteilungen nach dem KCanG oder MedCanG zu einer Geldstrafe aufgrund kleinerer Vergehen  wie z.B. dem Anbau einer vierten Pflanze können schwerwiegende berufliche Folgen haben, die so bei anderen legalen Genussmitteln nicht existieren. Im Beamtenrecht(7)Cannabis im Beamtenverhältnis? Ratgeber für Verbeamtete und alle die es werden wollen können sie z.B. Zweifel an der charakterlichen Eignung rechtfertigen und damit eine Verbeamtung unmöglich machen.

Für Menschen, die mit Minderjährigen zusammenarbeiten, sei es als Ausbilder, Lehrer oder Erzieher, ziehen jegliche Verurteilungen, auch zu Geldstrafen, ein fünfjähriges Berufsverbot(8)Gesetz zum Schutze der arbeitenden Jugend (Jugendarbeitsschutzgesetz – JArbSchG) nach sich. Die Weitergabe eines Joints an einen Erwachsenen kann somit trotz Entkriminalisierung noch immer den Beruf kosten!

Alle faul? Oder Legal aber dumm? 
Vorurteile und Stigmatisierung
Plakatkampagne des BMG
Plakatkampagne des BMG

Cannabiskonsumenten werden häufig stigmatisiert und diese Vorurteile haben Auswirkungen auf Wahrnehmung in der Arbeitswelt, Ausbildung und sozialen Institutionen. Wer kennt nicht das Klischee des faulen und dummen Kiffers. Dabei wurde beides bereits mehrfach wissenschaftlich widerlegt. Weder konnte bei Cannabiskonsumenten ein höherer Grad an Apathie festgestellt werden(9)Anhedonia, Apathy, Pleasure, and Effort-Based Decision-Making in Adult and Adolescent Cannabis Users and Controls, noch wurden grundlegende Unterschiede im Hinblick auf den IQ bei Durchschnittskonsumenten in der Adoleszenz festgestellt(10)Impact of adolescent marijuana use on intelligence: Results from two longitudinal twin studies (11)Are IQ and educational outcomes in teenagers related to their cannabis use? A prospective cohort study.
In der öffentlichen Debatte zum Thema Cannabis werden jedoch die Gefahren für Schädigungen des Gehirns oder psychische Erkrankungen massiv übertrieben, vor allem im Vergleich mit der “Volksdroge” Alkohol. Ein anschauliches Beispiel dafür ist die “Legal aber”- Kampagne des Gesundheitsministeriums anlässlich der Entkriminalisierung.

Video  Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer im Bundesrat in der Debatte zum CanG.
Der Einstieg in die „Drogenkarriere“

Ein weiterer Klassiker ist die wissenschaftlich lange widerlegte Einstiegsdrogen-Theorie, die besonders von konservativen Politikern gern immer wieder aufgetischt wird. In der Quintessenz wird behauptet: Wer Cannabis konsumiert, nimmt später auch andere „harte“ Drogen. Ein besonders absurdes Beispiel für dieses altbackene Scheinargument lieferte der sächsische Ministerpräsident Kretschmer in seinem Redebeitrag anlässlich der Bundesratssitzung zum CanG, in dem er einen direkten Weg von Cannabis hin zu Methamphetaminen und dem Verlust der Fähigkeit selbstständig zu leben zeichnete.

Das generelle Cannabisverbot ist ziemlich teuer

In Deutschland könnten im Falle einer echten Legalisierung inklusive reguliertem Handel mindestens 27.000 neue Arbeitsplätze entstehen. Zudem hätte der Staat durch Steuereinnahmen und Einsparungen bis zu 4,7 Milliarden Euro mehr pro Jahr in der Kasse.

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