für die Verfolgung einfacher Konsumenten
Im Jahr 2019 wurden laut Polizeilicher Kriminalstatistik 225.120 Strafverfahren wegen Cannabis eröffnet. Knapp 83 % davon, also über 186.000 Strafverfahren, richteten sich gegen einfache Konsumenten.(1)Bundeskriminalamt – Polizeiliche Kriminalstatistik 2019
Die Polizei konzentriert sich bei ihrer Arbeit auf die Verfolgung von Konsumenten. Nur in 17 % der vielen Strafverfahren ging es um Handel sowie Einfuhr und Produktion von Cannabis in großen Mengen.
- allgemeine Verstöße 83%
- Handel/Schmuggel 17%
In den vergangenen Jahren nahm die Zahl der Strafverfahren im Zusammenhang mit Cannabis stetig zu. Seit 2010 stieg die Gesamtzahl der Verfahren um 74,6 %, die der Verfahren gegen Konsumenten sogar um 87 %.(2)Bundeskriminalamt – Polizeiliche Kriminalstatistik 2010 Die steigenden Zahlen wurden vom BKA mehrfach mit verstärktem Kontrolldruck begründet.
- Insgesamt
- Allgem. Verstöße
- Handel/Import
Ein Betroffener berichtet
Trugschluss der „geringen Menge“
Selbst der Besitz geringster Mengen Cannabis oder auch Anhaftungen an Gegenständen führen zu einer Strafanzeige. Bis zu einer je nach Bundesland unterschiedlich ausfallenden „geringen Menge“ können diese Verfahren von der Staatsanwaltschaft eingestellt werden, seit das Bundesverfassungsgericht 1994 ein entsprechendes Urteil fällte.(4)BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 09. März 1994
Nicht nur die Definition der „geringen Menge“ ist mit 6 bis 15 Gramm Marihuana oder Haschisch in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich, sondern auch die Details der Einstellungsrichtlinien.(5)Deutscher Hanfverband – Bundesland-Vergleich der Richtlinien zur Anwendung des § 31a BtMG Mal haben die Staatsanwälte mehr, mal weniger Spielraum, Konsumenten auch mit kleinen Mengen anzuklagen. Unterschiede gibt es vor allem bei der Beurteilung von „Wiederholungstätern“,(6)Merkur – Bichler verurteilt: Sozialdienst wegen 0,3 Gramm Marihuana, 11.11.2019 Jugendlichen sowie Menschen, die noch andere Vergehen in den Akten haben, darunter zum Beispiel auch „banale“ Verkehrsdelikte.(7)Schwäbische Zeitung – Mit 0,63 Gramm Haschisch aufgegriffen und verurteilt, 05.04.2019 So kommt es oft trotz „geringer Menge“ zu teilweise harten Strafen.
Wichtig: Auch bei einer Einstellung wird ein Hinweis auf das BTM-Strafverfahren im Polizeicomputer gespeichert. Das kann bei jeder folgenden Verkehrs- und Personenkontrolle zu Problemen führen. Außerdem wird in jedem Fall die Führerscheinstelle über den Vorgang informiert.
Unvorstellbar, dass das Gleiche passieren würde, wenn jemand mit einer Flasche Bier von der Polizei „erwischt“ würde.
trotz nüchterner Fahrt
Welche Menge ist Eigenbedarf?
Oberhalb der „geringen Menge“ von 6 bis 15 Gramm werden grundsätzlich Strafen verhängt. Dabei haben diese Mengen nichts mit einer realen „Eigenbedarfsmenge“ zu tun. Sehr viele Konsumenten haben einen größeren Vorrat. Manche kommen mit sieben Gramm Hanfblüten ein ganzes Jahr aus, manche eher zwei Tage. In den meisten Bundesländern ist bereits bei dieser Menge eine Einstellung des Verfahrens ausgeschlossen.
Da Cannabiskonsumenten nicht jeden Tag in ein Fachgeschäft gehen können, neigen sie zu Vorratshaltung. So vermeiden sie ständige „Milieukontakte“, Fahrten in die Niederlande etc. Manchen bauen selbst einige Hanfpflanzen an, um sich ganz vom Schwarzmarkt unabhängig zu machen. Auch das führt zu einer größeren Vorratshaltung nach der Ernte. So werden viele Konsumenten hart veurteilt, weil sie „zu viel“ Cannabis zum Eigenverbrauch besessen haben.
Ab einem Wirkstoffgehalt von 7,5 Gramm THC, der sogenannten „nicht geringen Menge“, sind Gefängnisstrafen von mindestens einem Jahr vorgesehen.(9)Betäubungsmittelgesetz §29a Wenn es „mildernde Umstände“ gibt, reduziert sich die Strafe auf mindestens drei Monate Gefängnis. Auch diese Grenze, die nach reinem Wirkstoff, nicht dem Gewicht des Cannabisprodukts selbst, bemessen wird, kann mit etwas Vorrat bzw. Eigenanbau schnell überschritten werden.(10)Kreisbote – Mann baut für seine Mutter Cannabis an – Freiheitsstrafe auf Bewährung, 12.07.2018
Haftstrafen bis zu zwei Jahren werden üblicherweise bei Ersttätern zur Bewährung ausgesetzt. Im Wiederholungsfall wird eine Inhaftierung wahrscheinlicher.(11)Ruhr Nachrichten – Gegen Schmerzen: 52-jähriger Ex-Bergmann verteidigt den Anbau von Cannabis
Das Cannabisverbot ist ziemlich teuer
In Deutschland könnten im Falle einer Legalisierung mindestens 19.250 neue Arbeitsplätze entstehen. Zudem hätte der Staat durch Steuereinnahmen und Einsparungen bis zu 2,6 Milliarden Euro mehr pro Jahr in der Kasse.
Millionen Konsumenten abgestempelt:
„Straftäter!“
Wer nun als solcher „normaler und braver Bürger“ plötzlich ein Strafverfahren erlebt, wird sozial stigmatisiert. Nicht immer, aber manchmal geht so ein Verfahren einher mit einer aufsehenerregenden Hausdurchsuchung, Vernehmung durch einen unfreundlichen bewaffneten Polizeibeamten oder erkennungsdienstlicher Behandlung mit Fotos und Fingerabdrücken. Das bringt erheblichen Stress mit sich und kann psychische Folgen haben. Viele verlieren den positiven Bezug zur Polizei als „Helfer“ und fühlen sich eher bedroht als beschützt, wenn sie erneut mit der Polizei in Kontakt kommen. Auch das Verhältnis zu Politik, Staat und Demokratie wird gestört.
Das ist im letzten Jahr weit über 100.000 Cannabiskonsumenten in Deutschland passiert. Ebenso im Jahr davor, und davor. Millionen Konsumenten werden vom Staat mit Strafrecht bedroht. Mehr als die Hälfte der jungen Erwachsenen hat Cannabis zumindest ausprobiert. Nach aktueller Gesetzeslage gelten die meisten von ihnen somit als Straftäter.
Gesundheitsrisiko Schwarzmarkt
Ein wichtiger Grund für die Aufhebung der Alkoholprohibition in den USA (1920–1933) waren die Gesundheitsgefahren durch illegal gebrannten Schnaps, der viel giftiges Methanol enthielt. Ungefähr 10.000 Menschen sollen während dieser Zeit an Vergiftungen mit illegal beschafftem Alkohol gestorben sein.(12)Wikipedia – Prohibition in den Vereinigten Staaten
Nur ein kleiner Teil der Millionen Cannabiskonsumenten in Deutschland hat ein gesundheitliches Problem durch den Konsum von Cannabis an sich. Aber fast alle sind auf Ware vom Schwarzmarkt angewiesen, wenn sie nicht selbst anbauen. Und was man alles in Cannabis vom Schwarzmarkt findet, ist alarmierend!
Ähnlich wie beim illegalen Alkohol während der US-Prohibition gelangen auch bei schlampigem, nicht staatlich kontrolliertem illegalem Anbau von Cannabis giftige Stoffe ins Endprodukt. Produktionsrückstände wie Pestizide(13)Der Westen – Marihuana extrem stark mit Pestiziden verseucht, 16.10.2013 oder Dünger können in hoher Dosierung vorhanden sein. Schimmelsporen(14)Blick – Der Bund warnt Kiffer: Pestizide und Schimmel im Cannabis!, 28.09.2018 und Fäkalkeime(15)Focus – Weil Schmuggler es im Darm tragen: Straßen-Cannabis oft mit Fäkalbakterien verseucht, 05.04.2019 sind ebenfalls nicht selten in der Schwarzmarktware zu finden.
Hinzu kommen diverse Streckmittel, die absichtlich ins Haschisch verpresst oder auf die Blüten aufgetragen werden, um das Gewicht und damit den Profit zu erhöhen. Es gibt speziell dazu hergestellte Mischungen, ehemals zum Beispiel „Brix“, in denen Flüssigkunststoff, Zucker und Hormone vorkommen. Zucker kommt auch einzeln als Streckmittel vor, ebenso wie Haarspray, Glas, Phosphor-Kalium-Dünger, Sand und Talkum. Pflanzliche Streckmittel wie Oregano gehören da noch zu den harmloseren Streckmitteln. Blei ist eher selten, aber lebensgefährlich. Im Dezember 2007 wurde im Leipziger Raum bei mehreren hundert jungen Cannabiskonsumenten eine Bleivergiftung diagnostiziert, einige kamen ins Krankenhaus.(16)Busse / Fiedler / Leichtle / Hentschel / Stummvoll – Bleiintoxikationen durch gestrecktes Marihuana in Leipzig, Deutsches Ärzteblatt 105(44), 2008
Dass das Rauchen oder Essen dieser Stoffe nicht gesund sein kann, liegt auf der Hand. Es gibt Berichte über Atemwegsschädigungen und diverse Vergiftungserscheinungen. Bei der Verbrennung einiger Streckmittel entstehen krebserregende Stoffe.(17)CheckiT! Drogeninfo und -beratung für junge Leute – Streckmittel in Marihuana
Hinzu kommen diverse Streckmittel, die absichtlich ins Haschisch verpresst oder auf die Blüten aufgetragen werden, um das Gewicht und damit den Profit zu erhöhen. Es gibt speziell dazu hergestellte Mischungen, ehemals zum Beispiel “Brix”, in dem Flüssigkunststoff, Zucker und Hormone gefunden wurden. Zucker kommt auch einzeln als Streckmittel vor, ebenso wie Haarspray, Glas, Phosphor-Kalium-Dünger, Sand und Talkum. Pflanzliche Streckmittel wie Oregano gehören da noch zu den harmloseren Streckmitteln. Blei ist eher selten, aber lebensgefährlich. Im Dezember 2007 wurde im Leipziger Raum bei mehreren hundert jungen Cannabiskonsumenten eine Bleivergiftung diagnostiziert, einige kamen ins Krankenhaus.((Busse / Fiedler / Leichtle / Hentschel / Stummvoll – Bleiintoxikationen durch gestrecktes Marihuana in Leipzig, Deutsches Ärzteblatt 105(44), 2008))
Dass das Rauchen oder Essen dieser Stoffe nicht gesund sein kann, liegt auf der Hand. Es gibt Berichte über Atemwegsschädigungen und diverse Vergiftungserscheinungen. Bei der Verbrennung einiger Streckmittel entstehen krebserregende Stoffe.((CheckiT! Drogeninfo und -beratung für junge Leute – Streckmittel in Marihuana))
Ähnlich wie beim “Methanol-Effekt” gelangen auch bei schlampigem, nicht staatlich kontrolliertem illegalem Anbau von Hanf giftige Stoffe ins Endprodukt. Produktionsrückstände wie Pestizide((Der Westen – Marihuana extrem stark mit Pestiziden verseucht, 16.10.2013)) oder Dünger können in hoher Dosierung vorhanden sein. Schimmelsporen((Blick – Der Bund warnt Kiffer: Pestizide und Schimmel im Cannabis!, 28.09.2018)) und Fäkalkeime((Focus – Weil Schmuggler es im Darm tragen: Straßen-Cannabis oft mit Fäkalbakterien verseucht, 05.04.2019)) sind ebenfalls nicht selten in der Schwarzmarktware zu finden.
Quellen