Ein großes Problem?
Die Wahrscheinlichkeit, dass Ihr Kind früher oder später Cannabis ausprobiert, ist recht hoch. Ist Ihr Kind mit Cannabis in Kontakt gekommen, heißt das nicht gleich, dass etwas bei Ihnen „schiefgelaufen“ ist.
Cannabiskonsum bei jungen Menschen ist ein Massenphänomen, wenn auch nicht ganz so verbreitet wie Alkohol. Viele belassen es bei gelegentlichem Probierkonsum und hören dann ganz wieder auf, weil ihnen die Wirkung nicht zusagt. Die wenigsten entwickeln durch ihren Konsum ernsthafte Probleme.
Dennoch sollten Sie den Konsum ihres Kindes natürlich nicht ignorieren, denn Risiken bestehen zweifellos. Weitere Informationen finden Sie im unteren Bereich dieser Seite.
Erfahrungen mit Cannabis/Alkohol (12–25 Jahre)((Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung – Die Drogenaffinität Jugendlicher in der Bundesrepublik Deutschland, Juli 2020))
- Cannabis
- Alkohol
Regelmäßiger Konsum von Cannabis/Alkohol (16–25 Jahre)((Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung – Die Drogenaffinität Jugendlicher in der Bundesrepublik Deutschland, Juli 2020))
Grundsätzlich sind sich alle Fachleute einig
Als Eltern haben Sie vielleicht mitbekommen, dass ihr Kind Cannabis konsumiert, und machen sich jetzt Sorgen. Eventuell haben Sie ein Tütchen mit Gras gefunden oder typische Anzeichen eines Cannabisrausches festgestellt (rote Augen, trockener Mund, Unkonzentriertheit). Vielleicht hat Ihr Kind den Konsum zugegeben, auf Ihre Fragen hin oder ganz selbstbewusst von sich aus.
Vielleicht möchten Sie sich auch nur ganz allgemein informieren, um für einen dieser Fälle vorbereitet zu sein.((Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen – Rauschmittelkonsum im Jugendalter – Tipps für Eltern, 2016))
Grundsätzlich gilt:
Bleiben Sie ruhig. Die Wahrscheinlichkeit, dass ihr Kind langfristig ernsthafte Probleme bekommt, ist sehr gering. Dennoch sollten Sie den Konsum ihres Kindes natürlich nicht ignorieren, denn Risiken bestehen zweifellos.
Achten Sie darauf, ob der Konsum das Leben ihres Kindes negativ beeinflusst. Beachten Sie, dass sich Pubertierende auch ohne Cannabis ständig weiterentwickeln und sich dabei von ihren Eltern abgrenzen. Wenn Ihr Kind keine Lust mehr auf Musikunterricht oder den Sportverein hat, muss das kein Anzeichen für problematischen Cannabiskonsum sein, auch wenn Sie als Eltern den Abbruch bedenklich und diese Aktivitäten wichtig finden.
Wenn Sie aber feststellen, dass ihr Kind plötzlich
- erheblich schlechtere Schulnoten hat, vielleicht Fehlzeiten von der Schule gemeldet werden,
- den kompletten Freundeskreis radikal austauscht oder insgesamt Sozialkontakte vernachlässigt und sich sozial zurückzieht,
- sehr regelmäßig und viel konsumiert,
dann sollten Sie das Thema ernst nehmen und aktiv werden. Auch wenn Sie den Eindruck haben, dass die Konsummotivation vor allem darin liegt, Probleme zu verdrängen anstatt sie zu lösen, ist das ein klares Alarmzeichen. Das gilt natürlich erst recht, wenn ihr Kind selbst schon die Erkenntnis hat, dass es lieber weniger konsumieren oder aufhören würde, das aber allein nicht schafft.
Das Wichtigste für Eltern, nicht nur im Zusammenhang mit Drogen, ist ein vertrauensvolles, offenes und ehrliches Verhältnis zu den Kindern. Zumindest ein gewisses Maß davon sollte auch bei Pubertierenden noch übrig sein, die sich ihre wichtigen Bezugspersonen eher unter Gleichaltrigen suchen und Geheimnisse haben wollen und dürfen. Sprechen Sie mit Ihrem Kind ohne es zu verurteilen darüber, wie oft, wie und warum es Cannabis konsumiert und versuchen Sie sich ein möglichst genaues Bild zu machen.
Sprechen Sie nicht krampfhaft immer nur über Cannabis, versuchen Sie auch zu ergründen, wie es dem Kind gerade geht, was mit Freunden oder in der Schule los ist.
Sollten Sie Schwierigkeiten dabei haben, sich mit Ihrem Kind noch tiefergehend zu unterhalten, scheuen Sie sich nicht, Hilfestellungen zu suchen. Mehr dazu unter „Beratungsangebote wahrnehmen“
Wenn Sie allein nicht mehr weiterkommen oder unsicher sind, wie Sie mit dem Thema umgehen sollen, schauen Sie sich nach professioneller Hilfe um.
In jeder größeren Stadt gibt es eine Drogenberatungsstelle, die nicht nur Menschen mit problematischem Drogenkonsum berät, sondern auch deren Angehörige. Informieren Sie sich vorher über das Konzept und die Grundhaltung der Einrichtung. Bevorzugen Sie Beratungsstellen, die einen akzeptanzorientierten Ansatz haben und verstehen, dass nicht jeder Cannabiskonsum unbedingt ein Problem sein muss. Nur dann können Sie am Ende zu einer realistischen Einschätzung der Lage kommen.
Wenn Sie möchten, schlagen Sie Ihrem Kind einen gemeinsamen Termin vor. Vielleicht gelingt Ihnen das, wenn sie offen und verständnisvoll an die Sache herangehen. Sie sollten auch damit rechnen, dass die Beratungsstelle den Konsum Ihres Kindes für unproblematisch hält und keinen Behandlungsbedarf sieht. So besteht aber auch die Chance, dass auch Ihr Kind den Beratern zuhört und den eigenen Konsum reflektiert.
Falls Sie ihr Kind nicht zu einem Beratungstermin bewegen können, gehen Sie allein zur Beratungsstelle und holen Sie sich Tipps für Ihr weiteres Vorgehen.
Alternativ gibt es auch im Internet Informationen, Tests zur Selbsteinschätzung des Konsums und Chat-Beratung. Das alles bietet das offizielle Drogen-Informationsportal der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung „Drugcom“.((Drugcom – Drogen-Informationsportal der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung))
Bei akzept e.V. gibt es eine Übersicht mit Beratungsstellen, die bei ihrer Arbeit mit Hilfesuchenden einen akzeptanzorientierten Ansatz verfolgen:((Bundesverband für akzeptierende Drogenarbeit & humane Drogenpolitik akzept e.V.))
Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen bietet auf ihrer Seite eine Suchfunktion für die bundesweit über 1400 ambulanten Suchtberatungsstellen und 800 stationären Suchthilfeeinrichtungen unterschiedlicher Ausrichtung.((Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen – Einrichtungsdatenbank mit über 1400 ambulanten Suchtberatungsstellen und 800 stationären Suchthilfeeinrichtungen))
Heute kann ich sagen: Es ist alles gut
Vor ungefähr zwölf Jahren ereignete sich einer jener Tage, an die ich ein Leben lang zurückdenken werde. Freitagnachmittag, es klingelte an der Tür und innerhalb von 30 Minuten stand mein Leben auf dem Kopf. Mein ältester Sohn Moritz (Name geändert), damals 15, wurde von zwei Polizisten nach Hause gebracht. Noch nie hatten wir vorher Kontakt mit der Polizei, Drogen oder ähnlichem.
Was zu Tage kam, waren ca. drei Gramm Haschisch.
Es war ein Schock für mich, hatte ich doch so auf eine behütete Kindheit geachtet. Mein Sohn ging regelmäßig zum Sportverein, hatte durchschnittliche Noten in der Schule und ein gutes soziales Umfeld. Ich fragte mich: Wie konnte das passieren?
Moritz war wie neben sich – was er tatsächlich in Polizeigewahrsam erlebt hat, konnte ich nicht mal ahnen. Jahre später erfuhr ich, dass er dort allein verhört und durchsucht wurde und sich wie ein Schwerverbrecher fühlte, obwohl er doch niemanden bedroht, verletzt, oder bestohlen hatte. Diese Erfahrung hat ihn jahrelang geprägt (und das Bild vom „Freund und Helfer“ zerstört).
Es folgte eine Strafanzeige gegen meinen Sohn wegen Drogenbesitz. Für mich brach damit eine Welt zusammen. Mein Sohn für mich: drogenabhängig. Für meinen Mann: kriminell.
Wer in meiner Generation aufgewachsen ist, hat noch gut den Slogan „Keine Macht den Drogen“ im Ohr. In der Schule wurden wir von der Polizei mitsamt Drogenkoffer besucht, mit dem Ziel uns aufzuklären. Wer kifft, steht schon am Abgrund, war damals die Kernaussage. Ich selbst hatte nie Interesse an Gras und bestimmt auch ein wenig Angst, dass ich selbst abstürze, sobald ich an einem Joint ziehe. Gras rauchen war für mich also kein Thema. Zigaretten schon – aber damit habe ich im Alter von 23 Jahren aufgehört. Eine Alkoholikerin als Mutter hat mich dazu gebracht, immer wieder meinen Konsum zu hinterfragen.
Das habe ich auch stets vorgelebt und so meinen Kindern einen vernünftigen Alkoholkonsum beigebracht, nicht aber bei Gras. Denn das war Tabuthema und verboten, Punkt.
Über den Konsum offen zu reden, war deshalb nicht möglich und das Vertrauensverhältnis zwischen uns litt in den folgenden Jahren dabei sehr. Im Grunde wusste ich, dass im Leben meines Großen nichts schiefgeht. Aber es dauerte eine Weile, bis ich nicht jedes Mal die Pupillen meines Kindes ausgeleuchtet habe, wenn er von Freunden nach Hause kam. Totale Überreaktion!
Alkohol ist etabliert – Cannabis nicht. Inzwischen weiß ich es besser.
Dass man sein Leben nicht stets nüchtern und sachlich gestalten möchte, auch als Jugendlicher nicht, finde ich absolut nachvollziehbar. Aber ich hatte damals eine große Angst um mein Kind. Ich konnte die Bedeutung nicht richtig einordnen. In unserem Bekanntenkreis wurde man geächtet, wenn man kifft. Nicht jedoch, wenn man Alkohol trinkt. Dazu die Strafandrohung durch die Polizei. Ich hätte mir das Internet von heute gewünscht, mit all den Informationsmöglichkeiten, um mir eine Meinung zu bilden. Ich hätte mit der Polizeisituation umgehen und mein Kind besser aufklären können. Denn vom Kiffen abgehalten oder vor den Risiken geschützt hat weder die Polizei noch das Verbot. Wir beruhigten uns alle wieder, die Anzeige wurde fallengelassen und Moritz machte Abitur, eine Ausbildung, breitete seine Flügel aus und flog ins Leben.
Heute ist er erfolgreich in seinem Beruf und ich kann sagen: Es ist alles gut.
Ich bin stolz auf meinen kiffenden Sohn, heute 27, der mit beiden Beinen im Leben steht.
Heute kann ich sagen: Es ist alles gut
Vor ca. 12 Jahren ereignete sich einer jener Tage, an die ich ein Leben lang zurückdenken werde. Freitag Nachmittag, es klingelte an der Tür und innerhalb von 30 Minuten stand mein Leben auf dem Kopf. Mein ältester Sohn Moritz (Name geändert), damals 15, wurde von zwei Polizisten nach Hause gebracht. Noch nie hatten wir vorher Kontakt mit der Polizei, Drogen oder ähnlichem.
Was zu Tage kam waren ca. 3 g Haschisch.
Es war ein Schock für mich, hatte ich doch so auf eine behütete Kindheit geachtet. Mein Sohn ging regelmäßig zum Sportverein, hatte durchschnittliche Noten in der Schule und ein gutes soziales Umfeld. Ich fragte mich: Wie konnte das passieren?
Moritz war wie neben sich – was er tatsächlich in Polizeigewahrsam erlebt hat, konnte ich nicht mal ahnen. Jahre später erfuhr ich, dass er dort allein verhört und durchsucht wurde und sich wie ein Schwerverbrecher fühlte, obwohl er doch niemanden bedroht, verletzt, oder bestohlen hatte. Diese Erfahrung hat ihn jahrelang geprägt (und das Bild vom “Freund und Helfer” zerstört).
Es folgte eine Strafanzeige gegen meinen Sohn wegen Drogenbesitz. Für mich brach damit eine Welt zusammen. Mein Sohn: drogenabhängig. Für meinen Mann: kriminell.
Wer in meiner Generation aufgewachsen ist hat noch gut den Slogan “Keine Macht den Drogen“ im Ohr. In der Schule wurden wir von der Polizei mitsamt Drogenkoffer besucht, die uns aufklärte. Wer kifft steht schon am Abgrund war damals die Kernaussage. Ich selbst hatte nie Interesse an Gras und bestimmt auch ein wenig Angst, dass ich selbst abstürze, sobald ich an einem Joint ziehe. Gras rauchen war für mich also kein Thema. Zigaretten schon – aber damit habe ich im Alter von 23 Jahren aufgehört. Eine Alkoholikerin als Mutter hat mich dazu gebracht, immer wieder meinen Konsum zu hinterfragen.
Das habe ich auch stets vorgelebt und so meinen Kindern einen vernünftigen Alkoholkonsum beigebracht, nicht aber bei Gras. Denn das war Tabuthema und ist verboten, Punkt.
Über den Konsum offen Reden war deshalb nicht möglich und das Vertrauensverhältnis zwischen uns litt in den folgenden Jahren dabei sehr. Im Grunde wusste ich, dass im Leben meines Großen nichts schief geht. Aber es dauerte eine Weile, bis ich nicht jedes Mal die Pupillen meines Kindes ausgeleuchtet habe, wenn er von Freunden nach Hause kam. Totale Überreaktion!
Alkohol ist etabliert – Cannabis nicht. Inzwischen weiß ich es besser.
Dass man sein Leben nicht stets nüchtern und sachlich gestalten möchte, auch als Jugendlicher nicht, finde ich absolut nachvollziehbar. Aber ich hatte damals eine große Angst um mein Kind. Ich konnte die Bedeutung nicht richtig einordnen. In unserem Bekanntenkreis wurde man geächtet, wenn man kifft. Nicht jedoch, wenn man Alkohol trinkt. Dazu die Strafandrohung durch die Polizei. Ich hätte mir das Internet von heute gewünscht, mit all den Informationsmöglichkeiten, um mir eine Meinung zu bilden. Ich hätte mit der Polizeisituation umgehen und mein Kind besser aufklären können. Denn vom Kiffen abgehalten oder vor den Risiken geschützt hat weder die Polizei noch das Verbot. Wir beruhigten uns alle wieder, die Anzeige wurde fallen gelassen und Moritz machte Abitur, eine Ausbildung, breitete seinen Flügel aus und flog ins Leben.
Heute ist er erfolgreich in seinem Beruf und ich kann sagen: Es ist alles gut.
Ich bin stolz auf meinen kiffenden Sohn, heute 27, der mit beiden Beinen im Leben steht.
Cannabis ist keine Einstiegsdroge
Bis heute hält sich die Theorie der Einstiegsdroge und führt bei Angehörigen von Konsumenten zu großen Ängsten. Wissenschaftlich gilt sie jedoch als widerlegt.
Erhebliche Folgen für die Zukunft
Ein Unterschied zu Alkohol ist das Verbot von Cannabis. Während Cannabis selbst nur bei einem relativ kleinen Teil der Konsumenten Probleme auslöst, hat die Strafverfolgung durch die Polizei teilweise erhebliche berufliche, finanzielle und private Konsequenzen.
Da die Strafandrohung Jugendliche nicht vom Cannabiskonsum abhält, bringt das Verbot nur zusätzliche Probleme mit sich.
-
eine Meldung an die Führerscheinstelle erfolgt und Jugendliche vor der Absolvierung einer MPU keinen Führerschein machen dürfen. Dies kann gerade die Arbeitssuche in ländlichen Gegenden massiv erschweren.
-
eine Verurteilung wegen Cannabis, auch bei geringen Bewährungsstrafen, ein Berufsverbot nach sich zieht. Betroffene können bis zu fünf Jahre nicht als Erzieher, Lehrer oder Ausbilder arbeiten.((Gesetz zum Schutze der arbeitenden Jugend (JArbSchG) § 25 Verbot der Beschäftigung durch bestimmte Personen Absatz 1 Nr.4))
-
sich das Vertrauensverhältnis zu Ihrem Kind extrem verschlechtert.
Eine rechtliche Einstufung wie bei Alkohol würde die Tabuisierung aufheben und offenen Austausch über Konsum und ggf. nötige Hilfestellungen erleichtern.
Die schlimmste Nebenwirkung ist die Strafverfolgung
Im Jahr 2019 wurden 225.120 Strafverfahren wegen Cannabis eröffnet. Knapp 83 Prozent davon richteten sich gegen Konsumenten – obwohl Polizeivertreter regelmäßig behaupten, sie verfolgten primär die Händler.